Wie entwickelt sich ein Format? Eine Vorbereitung auf die Arena Cups

Ole
Written By OleSep 4, 2013

Wir stehen am Anfang einer neuen Saison und machen unsere ersten Schritte in einer neuen Deck-Landschaft. Die Rotation hin zu NXD-on, also die Verkleinerung des Kartenpools um die Sets bis einschließlich Noble Victories, hat nicht den von einigen Spielern herbeigesehnten großen Einschnitt gebracht.

Karten wie Pokémon Catcher und N, über deren Beitrag zu einem gesunden Format viel diskutiert wurde, bleiben erhalten. Dennoch hat sich eine Menge verändert, was auf den ersten Blick nicht unbedingt auffällt. Vor den Arena Cups möchte ich in diesem Beitrag erklären, welche Entwicklung ein Format in drei Monaten durchläuft und warum dabei nicht die Karten die entscheidende Rolle spielen.

Wiedersehen macht Freude?

Eine große Gruppe von Turnierspielern hat sich einen deutlich größeren Einschnitt in das alte Format BW-on gewünscht. Mindestens Next Destinies hätte zusätzlich gekürzt werden sollen, wenn nicht sogar noch Dark Explorers. Mewtwo-EX und Darkrai-EX bestimmen das Spiel seit ihrem Release und werden eher stärker als schwächer.

Beispiel gefällig? Bei der Deutschen Meisterschaft 2012 galt Darkrai-EX als der neue große Widersacher des bis dahin dominanten Mewtwo-EX - in die Top 4 der Masters schaffte es allerdings ausschließlich Mewtwo-EX, wahlweise in CMT oder Mewtwo / Terrakion. Die WM 2012 gewann eine Mischung aus beiden Karten - Darkrai / Mewtwo galt zu dieser Zeit als das stärkste Deck im Format.

Ein Jahr später, pünktlich zur DM 2013, hat Mewtwo-EX in Deoxys-EX endlich seinen Meister gefunden. Doch nicht etwa das dazugehörige Plasma-Deck ging nun als Sieger aus dem Turnier hervor. Nun eroberte Darkrai-EX die Plätze, die es im letzten Jahr noch nicht erreichen konnte. Die Darkrai-Decks haben sich allerdings kaum aktiv weiterentwickelt, sondern nur auf die Präsenz anderer Decks wie Klinklang oder Gothitelle / Accelgor reagiert. Klar, der Erfolg gibt dem Deck sozusagen Recht. Aber man kann auch Spieler verstehen, die sagen, dass sie von dieser Entwicklung gelangweilt sind.

Als wäre das noch nicht genug, setzte sich Darkrai-EX bei den Worlds 2013 in Vancouver zum zweiten Mal hintereinander die Krone auf. Jason Klaczynski ignorierte dabei eiskalt das Autoloss gegen Klinklang und verzichtete auf Absol oder andere Counter. Sein Mut wurde letztendlich belohnt. Doch es hätte auch ganz anders ausgehen können. Oder doch nicht?

Pokémon ist zweifelsohne ein Spiel, in dem Glück eine Rolle spielt. Allein durch Glück wird man trotzdem nicht Weltmeister. Jason versteht es, die Entwicklung des Formats vorherzusagen und nach diesen Ergebnissen das optimale Deck auszuwählen.

Ich möchte zeigen, was sich im kommenden Format tatsächlich verändern wird. Wie ich bereits sagte, wird sich unser Format nicht nur aufgrund der Karten entwickeln. Welche Faktoren tragen am meisten zur Entwicklung und Veränderung des Formats bei? Warum bringen auch die alten Karten frischen Wind?

Bis an das Ende seiner Tage

Eelektrik war ein Phänomen. Egal, wieviele Counter man ihm vor die Nase setzte, es lebte weiter. Und weiter. Darkrai-EX machte nicht nur mit Eelektrik, sondern auch mit Tynamo auf der Bank kurzen Prozess. 10 KP mehr für das kleine Tynamo entschieden über Erfolg und Misserfolg dieses Decks. Dann kam Landorus-EX, der neue Erzfeind von Darkrai-EX und nebenbei der vermeintlich sichere Tod für Eelektrik. Aber Eelektrik lebte weiter, da Rayquaza-EX alle anderen Matchups stark verbesserte. Spätestens der Hypnotoxic Laser sollte dem ohnehin schon donkanfälligen Deck aber endgültig den Rest geben, oder? Einige wenige Spieler behielten trotz alledem die Nerven und nutzen die neue Gefahr kurzerhand als eigene Waffe. Mein eigenes WM-Deck, Zekrom EX / Eelektrik mit Hypnotoxic Laser, basierte auf der Idee, welche die Nationals in den Niederlanden gewonnen hatte. Ich bin trotz meines suboptimalen Abschneidens der Überzeugung, für mich das richtige Deck gewählt zu haben.

Nun ist Eelektrik endgültig Geschichte. Erst die Rotation konnte den Donneraal stoppen. Ich behaupte sogar, dass nur die Rotation allein den Donneraal überhaupt stoppen konnte. Das Deck war dermaßen anpassungsfähig, dass es mit Sicherheit auch diese Saison überlebt hätte.

Dieses Verhalten, auf Veränderungen nur zu reagieren und nicht selbst neue Akzente zu setzen, empfinden viele Spieler auf Dauer als langweilig. Auch deshalb gibt es überhaupt die Rotation. Nun können die Spieler mit den neuen Karten neue Ideen entwickeln.

Wer oder was steckt hinter "Tier 1"?

Die Abkürzung "BDIF" wird gerne im Zusammenhang mit dem Deck verwendet, welches über einen bestimmten Zeitraum die meisten Turniere gewonnen hat. Sie bedeutet "Best Deck In Format", also das beste Deck im Format. Parallel dazu findet man eine Einteilung aller Decks in Klassen, "Tiers" genannt. Ganz oben steht "Tier 1", es folgen "Tier 2" oder auch gerne mal "Tier 1.5", "Tier 3" und so weiter. Doch wer legt das eigentlich fest und warum?

Wer vor allem in englischsprachigen Foren unterwegs ist, wird in erster Linie die Bewertungen der Amerikaner lesen. In grundlegenden Dingen stimmen die Einschätzungen natürlich mit unseren überein, denn wir Spieler in Europa verfügen über den gleichen Kartenpool. Doch da hören die Gemeinsamkeiten auch schon auf. In den USA sind die meisten Turniere deutlich größer als bei uns in Deutschland. Um in den USA beispielsweise eine Battle Road zu gewinnen, musste man in der letzten Saison 5-6 Runden hintereinander gewinnen. Bei uns war es je nach Spielerzahl möglich, eins oder manchmal sogar zwei Spiele in den Vorrunden zu verlieren und trotzdem nach den Finalrunden als Sieger aus dem Turnier hervorzugehen. Die Anforderungen an die Konsistenz eines Decks sind hierbei vollkommen verschieden.

Ähnlich sieht es in Japan aus, wo man ebenfalls möglichst viele Spiele hintereinander gewinnen muss, um eine Chance auf den Turniersieg zu haben. Genesect / Virizion war dort sehr erfolgreich - mehr wissen wir gar nicht. Die Amerikaner behaupten aktuell, Genesect / Virizion sei vollkommen überschätzt. Und was sollen wir Europäer vor unseren ersten Turnieren nun glauben?

Die Einteilung in Tier-Klassen gibt eine gute Übersicht über die Vielzahl der Decks und die Verteilung von Stärken und Schwächen. Mehr kann sie überregional nicht liefern. Die Einteilung erfolgt anhand der subjektiven Einschätzung von Spielern. Je mehr Spieler aus verschiedenen Regionen sich daran beteiligen, desto weniger aussagekräftig wird die Einteilung für eine bestimmte Region. Alles wird vermischt und es entsteht ein globaler Brei. Bisher gibt es keine globalen Online-Turniere - dafür wäre eine solche Zusammenfassung am ehesten geeignet.

Beobachtung, Erfahrung und Vision

Um "zuhause" Turniere zu gewinnen, muss man die Einteilung der Decks in Tiers individuell aufstellen. Das gelingt mit einer guten Mischung aus diesen drei Dingen: Beobachtung, Erfahrung und Vision. Wer regelmäßig eine Liga besucht, wird das Metagame auf dem nächsten regionalen Turnier anhand seiner Beobachtungen beurteilen. Spieler mit langjähriger Turniererfahrung haben schon etliche Formate miterlebt und kennen die Mechanismen. Außerdem kennen sie ihre Gegner und können daher einschätzen, welcher Spielertyp zu welchem Deck besonders gut passt. Und man muss immer auch ein bisschen ein Hellseher sein, um letztendlich eine gute Entscheidung treffen zu können. Dieser Fähigkeit würde ich jedoch kaum mehr als 10 % an Einfluss zusprechen, es sei denn, man ist auf diesem Gebiet ohnehin ein Experte.

Je größer Turniere werden, desto schwieriger wird es für den einzelnen Spieler, eine gute Vorhersage zu treffen. Erst recht dann, wenn wir wie jetzt am Anfang eines Formats stehen. Für mein lokales Turnier weiß ich natürlich, dass der eine sich von seinem heißgeliebten Garchomp-Deck niemals trennen können wird und dass der andere nicht Genesect / Virizion spielen wird, weil er die Karten dafür seinem Sohn bei den Juniors überlässt. Doch in einem größeren Turnier ist die Wahrscheinlichkeit, auf einen der beiden zu treffen, viel geringer. Woher weiß ich nun, wo das Format aktuell steht?

Die Beobachtungen aus der eigenen Liga sind normalerweise das Einzige, was man als sichere Informationsquelle zur Verfügung hat. Selbst wenn man mit weiteren Spielern aus anderen Regionen gesprochen hat, so sind ihre Informationen immer mit Skepsis zu betrachten. Ihre Einschätzungen zu einzelnen Decks und Matchups sind ähnlich subjektiv wie die eigenen. Sie können ebenso richtig sein wie die eigenen Beobachtungen, jedoch wiederum nur in einem kleinen Rahmen. Die anderen Spieler spielen kein anderes Spiel, doch sie gehen einen anderen Weg. Sie beginnen die Vorbereitung mit anderen Decks, machen dabei andere Erfahrungen und ziehen daraus andere Schlüsse. Nichts davon ist falsch, doch für uns war das bisher nicht sichtbar.

Ich habe dafür ein reales Beispiel. Vor der DM 2012 testeten wir Card Leaders im neuen Format. An einem Tag trafen wir uns bei Karl. Ich wollte unbedingt eine Idee ausprobieren, die mir im Kopf herumgeisterte. Schnell war der Stapel zusammengeworfen und ich machte die ersten Spiele. Ich hatte mit dem Deck überhaupt keine Chance, überhaupt ein Spiel zu gewinnen. Allein die Konsistenz des Decks ließ mir ein bisschen Hoffnung. Dennoch verfolgte ich die Idee erstmal nicht weiter. Zwei Wochen später war ich mit den anderen Decks vertraut genug um zu merken, dass in diesem Format durchaus noch Platz für eine neue Idee ist. Ich ging mit den neu gewonnenen Erfahrungen an das Deck heran, das später nicht nur mich in die Tops der DM 2012 führte. Mew Prime / Accelgor / Vileplume bildete das Gerüst für ein Deck, das durch eine ganze Reihe von Karten wie Yanmega Prime, Terrakion, Tornadus-EX und Tyrogue in unterschiedlicher Kombination ergänzt wurde. Vier Spieler spielten vier unterschiedliche Listen und sie funktionierten allesamt. Das war der Beweis dafür, dass das Grundgerüst gut war. Die wohl beste Variante wurde später auf den US Nationals gespielt und beinhaltete Chandelure, um den Schaden auf der gegnerischen Seite perfekt kontrollieren zu können. Damit schloss sich der Kreis: meine allererste Version bei Karl enthielt Kingdra Prime, welches die exakt gleiche Aufgabe nicht ganz optimal ausführte und folgerichtig ersetzt wurde.

Beobachtung, Erfahrung, Vision - diese drei Dinge halfen uns beim Deckbau. Wir merkten, dass das Format Platz für dieses Deck bot. Wir wussten, dass wir auf dem richtigen Weg waren, weil sämtliche Varianten funktionierten. Und wir hatten den Plan, ganz Deutschland mit einem Deck zu überraschen, auf das sich niemand außer uns vorbereitet hatte. Ein DM-Sieg wäre der absolute Jackpot gewesen, aber die Platzierungen in den Top 8, Top 16 und Top 32 sowohl bei den Masters als auch bei den Seniors verstanden wir ebenfalls als großen Erfolg.

"Deinen Counter kontere ich hiermit..."

Spätestens nach den US Nationals wusste ich: Mew / Accelgor ist Geschichte. Das Deck hatte dort die Vorrunden bei den Masters ungeschlagen überstanden. Karl und ich haben das Deck beide auf der Deutschen Meisterschaft gespielt und wir beide waren uns schnell einig, dass wir damit keinen Erfolg haben werden. Der Überraschungseffekt war vollkommen verloren und es gab genug starke Counter, auf die das Deck keine Antwort hatte. Wir hatten mit unserer Einschätzung ein zweites Mal Recht.

In einem gesunden Format halten sich die besten Decks untereinander in Schach, indem sie auf geschickte Counter zurückgreifen. Diese sollten zuverlässig sein und somit nicht vom Glück bestimmt werden. Terrakion ist ein Counter gegen Darkrai-EX, Garbodor ist ein Counter gegen Blastoise, Silver Mirror countert Plasma-Pokémon und so weiter. Ein Blastoise-Deck, welches von seinen Handkarten lebt, lässt sich jedoch nicht allein mit N bekämpfen. Der Sleep-Coinflip des Hypnotoxic Laser kann zwar einzelne Spiele entscheiden, aber keine Matchups grundlegend verändern.

Nach dem, was ich gerade sagte, könnte man ohne weiteres Wissen schlussfolgern, dass Terrakion und Garbodor an sich sehr starke Karten sind. Das sind sie zweifelsohne, aber auch sie werden gecountert. Terrakions großes Problem ist, dass es nur sehr situationsabhängig einsetzbar ist. Dieses Problem haben viele Counter, die sich speziell gegen eine oder wenige Karten richten.

Nun haben wir im kommenden Format offensichtlich eine große Zahl hilfreicher Tools zur Verfügung, die in fast jedem Deck Verwendung finden. Ich erwähnte bereits Silver Mirror als Plasma-Counter. Silver Bangle macht Pokémon-EX das Leben schwerer. Float Stone verhilft nicht nur Garbodor zu neuem Glanz, sondern ergänzt oder ersetzt in fast allen Decks den Switch. Ein ganzes Deck - "Tool Drop"-Trubbish - basiert auf Tools. Eine Karte, die man früher als Counter gegen Garbodor angesehen hat, wird nun zum Staple: Tool Scrapper.

Es wird interessant sein zu beobachten, in welchem Verhältnis sich Tools und Tool Scrapper auf den ersten Turnieren begegnen. Das erste große Turnier in den USA, die Klaczynski Open, konnte Darkrai / Garbodor gewinnen. Neben Garbodor, dem Ability-Blocker, baut das Deck auf Sableye und Enhanced Hammer - diese Karte hassen nicht nur Plasma-Spieler. Darkrai / Garbodor konnte gewinnen, obwohl die Gegner vorbereitet waren: 1-2 Tool Scrapper waren in den allermeisten Decks enthalten. Braucht man noch mehr davon, um das Deck stoppen zu können? Gibt es vielleicht bessere Counter gegen das Deck, zum Beispiel Mewtwo-EX? Oder hatte der erst 13jährige Pilot dieser Maschine einfach nur einen unfassbar guten Lauf mit einem durchschnittlichen Deck?

Der perfekte Metagame-Call

Zuletzt möchte ich auf reine Counter-Decks eingehen. In Japan schaffte es Suicune / Terrakion, einen Battle Carnival zu gewinnen. Das ist auf keinen Fall zu unterschätzen, da es sich um ein großes Turnier handelt. Ich bin mir dennoch sicher, dass sich diese Geschichte bei uns nicht wiederholen wird.

Suicune / Terrakion countert gegnerische Decks gleich mehrfach. Suicune ist ein Blocker gegen Pokémon-EX und bekämpft somit vor allem Genesect / Virizion und Darkrai-EX. Wenn man Silver Mirror daran anlegt, kann es auch vom gesamten Plasma-Deck sowie von Absol im Darkrai-Deck nicht mehr angegriffen werden. Falls trotzdem ein Angriff durchkommt und Suicune besiegt wird, erfolgt der Konter mithilfe von Terrakion, welches dem Gegner einen für ihn sehr negativen Tausch aufzwingt.

Das Deck hat jedoch gleich mehrere Probleme. Die eben genannten Decks können Tool Scrapper und Non-EX Attacker nutzen, um den Blocker Suicune auszuschalten. Außerdem hat das Deck enorme Probleme gegen Decks wie Garchomp, die es von vornherein überhaupt nicht countert. Diese Decks sind meistens schneller und angriffsstärker und somit Suicune / Terrakion überlegen.

Bei dem Battle Carnival in Japan war Suicune / Terrakion offensichtlich der perfekte Metagame-Call, da die Bedingungen für einen Turniersieg (möglichst viele Siege hintereinander) nur eine begrenzte Auswahl an erfolgsversprechenden Decks zuließen. Die Dominanz von Genesect-EX und Plasma-Pokémon wurde optimal ausgenutzt. Das wird sich hier nicht wiederholen. Die Vielfalt an Decks, die es bei uns momentan gibt, spricht im Allgemeinen gegen einen Erfolg von reinen Counter-Decks. Wenn es doch eins gibt, dann muss es ähnlich aufgebaut sein wie das WM-Deck von Dylan Bryan, der Flareon / Garbodor / Terrakion / Drifblim / Audino / Mr. Mime... unendlich viele Counter vereint hat. Ich wünsche euch allen viel Erfolg bei den Arena Cups und freue mich über eure Kommentare!

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