Championship Points: Wie schwer wird ein Invite?
Nach den jüngsten Veränderungen am Invite-System für die Pokémon TCG World Championships 2013 in Vancouver wurde besonders ausführlich über die Frage diskutiert, ob es nun eigentlich leichter oder schwerer geworden ist, das erforderliche Limit für eine Einladung zur Weltmeisterschaft zu erreichen. Ich möchte mit einigen Rechenspielen am Beispiel meiner letzten Saison untersuchen, welche Veränderungen hier tatsächlich ausschlaggebend sind.
Rückblick: Die Einführung der Championship Points
Zur Saison 2011/12 wurde das System der Championship Points (kurz: CP) erstmals eingesetzt. Zuvor wurde das Ranking lediglich vom Premier Rating, einer ELO-Wertung, bestimmt. Dies hatte sowohl Vor- als auch Nachteile: wirklich gute Spieler, die einen großen Teil ihrer Spiele gewannen, hatten dementsprechend verdientermaßen eine hohe ELO-Zahl und standen im Ranking oben. Das stellte aber gleichzeitig ein Problem dar, da auch Spieler, die nur sehr wenige, aber sehr gute Turniere spielten, ebenfalls sehr weit oben standen. Vor allem die Regionals und Nationals zum Ende einer Saison hatten einen großen Einfluss auf das Ranking, da der für die Berechnung des Premier Ratings entscheidende K-Wert jeweils am höchsten war. Ebenfalls problematisch war, dass Spieler ihre hart erkämpften Punkte leicht durch wenige Niederlagen gegen schwache Gegner wieder verlieren konnten. Das führte dazu, dass Spieler, die ihr Invite nicht gefährden wollten, aus großen Turnieren vorzeitig ausgestiegen sind, sobald sie das erforderliche Limit dafür erreicht hatten. Dieses wurde durch die Top X Spieler der jeweiligen Region bestimmt, z.B. durch die Top 50 in Europa.
Nun also die Einführung der Championship Points. Was hat sich verändert?
1. Championship Points geben Punkte für Platzierungen auf Turnieren, nicht für einzelne Spiele. Somit ergibt es diesbezüglich keinen Sinn mehr, vorzeitig aus Turnieren auszusteigen.
2. Championship Points kann man nur gewinnen, nicht verlieren.
3. Um zu verhindern, dass Spieler, die viele Turniere besuchen können, übermäßige Vorteile erhalten, wurden Best Finish Limits (kurz: BFL) eingeführt, welche die Anzahl der ins Rating einspielenden Turniere einschränken. Es zählen die besten X Turniere einer Turnierklasse.
4. Das Premier Rating (die ELO-Wertung) wird nur bei CP-Gleichheit zur Ermittlung der Ranking-Positionen herangezogen. Das primäre Rating bilden die Championship Points.
Auf der offiziellen Pokémon-Website erfahrt ihr mehr über die Championship Points: Championship Points auf pokemon.com
Der K-Wert für das Premier Rating bleibt erhalten. Die Verteilung der Championship Points auf die Turnierklassen wird seperat festgelegt. Für höhere Turnierklassen werden entsprechend mehr Championship Points vergeben. Für die Weltmeisterschaft qualifizierten sich weiterhin die Top X Spieler der jeweiligen Region.
Den bereits genannten Vorteilen dieses Systems stehen natürlich auch einige Nachteile gegenüber:
1. Spieler aus Regionen mit sehr vielen Turnieren haben trotz der Best Finish Limits Vorteile, da sie bessere Chancen haben, die Punktelimits pro Turnierklasse zu erreichen.
2. Spieler aus spielstarken Regionen haben Nachteile gegenüber gleichwertigen Spielern aus spielschwachen Regionen, da die starken Spieler sich oftmals gegenseitig die Punkte klauen. Ein starker Spieler in einer schwachen Region kann hingegen sehr viele Punkte sammeln. Er wird nicht mehr dadurch gebremst, dass die ELO-Wertung der schwachen Spieler ebenfalls schwach ist. Turniere einer Turnierklasse geben unabhängig von (fast) allen Faktoren immer gleich viele Punkte.
3. Der einzige Faktor, durch den sich Turniere noch unterscheiden, ist die Spielerzahl. Bei entsprechend hoher Spielerzahl (Kicker) erhalten auch die unteren Platzierungen noch CP. Die für einen Sieg vergebenen CP bleiben jedoch unbeeinflusst.
4. Da die CP nach Platzierungen verteilt werden, hat bei einzelnen Turnieren der Tiebreaker einen großen Einfluss. Wer als beispielsweise als 5. die Top 4 eines Turniers nur wegen weniger Prozente in der Feinwertung verpasst, erhält deutlich weniger CP. Auf diese Prozente hat man selbst keinen Einfluss (Pairings, gedroppte Spieler, Endergebnisse der Gegner etc).
Es kann durchaus weitere Vor- und Nachteile geben, die ich hier nicht aufgeführt habe. Mir persönlich erscheinen die hier genannten Fakten als die wichtigsten.
Das neue CP-System 2012/13 - ein festes Ziel vor Augen
Für die neue Saison, die bereits Anfang Juli begann, wurde das System der Championship Points in einigen Punkten überarbeitet. Nach einer Auflistung der Veränderungen will ich meine Saison 2011/12 rechnerisch in das neue System übertragen und herausfinden, ob ich mit der gleichen Leistung in diesem Jahr das gleiche Ergebnis erreichen würde oder nicht.
1. Um sich für die Weltmeisterschaft zu qualifizieren, benötigt man in Europa 400 Championship Points. Die Position im Ranking spielt keine Rolle mehr.
2. Direkte Invites wurden abgeschafft - stattdessen erhalten die betreffenden Spieler auf Nationals und Worlds eine ausreichende Anzahl an CP (aktuell 500).
3. Die Worlds geben auch für Platzierungen außerhalb der Top 4 noch CP für die kommende Saison. Dies gilt bereits für die Worlds 2012.
4. Es werden nun deutlich mehr CP benötigt als im Vorjahr (40 in Europa 2011/12), dafür gibt es natürlich auch mehr Punkte zu gewinnen.
5. Die Best Finish Limits wurden angepasst. Das betrifft vor allem die City Championships, die abgewertet wurden (statt der besten 5 zählen nur noch die besten 4 Turniere im Rating). Ähnliches gilt für die Battle Roads (6 statt 8).
6. Die Verteilung der CP auf die niedrigeren Platzierungen wurde ebenfalls angepasst. Dadurch sollen Punktgleichheiten am Ende der Saison vermieden werden.
Der große Vorteil dieses Systems ist, dass jeder Spieler nun von Beginn an das Ziel vor Augen hat: 400 Championship Points. Wer weniger hat, bekommt keine Einladung. Niemand kann mehr knapp aus den Top X verdrängt werden. Jeder hat es selbst in der Hand.
Nun will ich aber wissen, ob diese 400 Championship Points ein realistisches Ziel sind. Im letzten Jahr genügten in Europa ca. 40 CP für ein Invite. Nun sind es 10mal mehr, aber unter anderen Bedingungen.
Die große Rechnung: Ole überträgt seine Saison ins neue System
Im letzten Jahr habe ich zum ersten Mal in meinen sechs Jahren als Turnierspieler ein Invite für die Weltmeisterschaft erreicht. Eine Punktlandung - genau in diesem Jahr wollte ich auch unbedingt nach Hawaii fliegen und hatte bereits im Voraus alles gebucht.
Nur in der Saison 2007/08 war ich einmal nah dran am Invite: nach einer gewonnenen State im März und meinem 2-0 nach zwei Runden auf den Nationals hätte mein ELO für ein Invite gereicht. Da mich das damals nicht interessierte, spielte ich auch die übrigen vier Runden der Nationals. Ich verlor drei davon und war auf einmal wieder ganz weit weg von einer Einladung. Um ehrlich zu sein hätte ich diese nach einer eigentlich schwachen Saison gar nicht verdient.
Ob mein Invite durch 55 Championship Points in der letzten Saison verdient war, darf jeder selbst beurteilen. Als 20. in Europa lag ich jedenfalls deutlich über dem erforderlichen Limit. Auch mit 40 CP hätte man noch knapp ein Invite bekommen (sogar 39 reichte für einige Spieler - ich will der Einfachheit halber trotzdem mit 40 rechnen). 55 CP, das sind 137,5 % des letztendlich erforderlichen Limits. Ich werde nun zunächst die 55 CP in Turnierergebnisse zurückrechnen, um dann aus diesen Ergebnissen meine CP-Anzahl im neuen System zu errechnen. Auf diese Weise will ich herausfinden, ob ich mit der gleichen Leistung in der neuen Saison ebenfalls ein Invite erreichen würde oder nicht.
Battle Roads
Gespielte Turniere: 8
Platzierungen: 1, 1, 1, 5, 6, 8, 9, 11
Erreichte CP (2011/12): 6/16 (BFL: 8)
in %: 37,5
in % vom Limit (40): 15
Erreichte CP (2012/13): 45/90 (BFL: 6)
in %: 50
in % vom Limit (400): 11,25
Bei den Battle Roads fallen gleich die Veränderungen am System auf. Von den 16 CP, die ich hätte bekommen können, habe ich nur 37,5% (6 CP) erreicht. Nach dem neuen System wären es 50 % gewesen (45 von 90). Das liegt in meinem Fall am Best Finish Limit. Ich habe auf den Battle Roads, die ich nicht gewonnen habe, nämlich überhaupt nicht gepunket. Das gilt für beide Systeme - mittlerweile ist es jedoch einfacher, auch mit niedrigeren Platzierungen noch zu punkten. Als Zweiter erhält man 12 CP, in den Top 4 immer noch 10 CP. Im letzten Jahr hat nur der Zweite noch gepunktet - 1 CP war damals relativ gesehen deutlich weniger. Top 4 Platzierungen wurden also deutlich aufgewertet.
Da Battle Roads mit 32 Teilnehmern in einer Altersgruppe in Europa sehr unrealistisch sind, spare ich mir derartige Rechnungen für die Top 8.
Insgesamt wurden Battle Roads eher abgewertet. Die maximal möglichen 16 CP aus dem letzten Jahr entsprachen 40% des Limits (40 CP), während die 90 CP aus diesem Jahr nur 22,5 % (400 CP) des Limits entsprechen. Allerdings erscheint es deutlich leichter, nah an das neue Limit heranzukommen, als an das alte. Acht gewonnene Battle Roads waren nur für Einzelfälle realistisch.
City Championships / Arena Cups
Gespielte Turniere: 7
Platzierungen: 1, 1, 3, 3, 4, 4, 12
Erreichte CP (2011/12): 24/30 (BFL: 5)
in %: 80
in % vom Limit (40): 60
Erreichte CP (2012/13): 160/200 (BFL: 4)
in %: 80
in % vom Limit (400): 40
Die CP-Tabelle vom letzten Jahr findet ihr hier: City Championships 2011/12 bei Amigo-Spiele
Die Punkteverteilung auf den City Championships unterliegt wohl den größten Veränderungen. In der letzten Saison war es möglich, 30 von 40 nötigen CP alleine durch City Championships zu verdienen. In der neuen Saison kann man nur noch 200 von 400 CP auf diesem Weg erhalten.
Ich habe mich auf den Arena Cups und Cities recht gut angestellt und einen Großteil meiner Punkte dort gesammelt. Das Format HS-NVI lag mir wirklich gut - Chandelure und The Truth brachten mich weit nach vorne. Im neuen System hätte dieses Format keinen so großen Einfluss gehabt, wodurch das Rating diesbezüglich etwas ausgeglichener ausgefallen wäre. Insgesamt wurden die City Championships also abgewertet.
Regional Championships / Europa-Turniere
Gespielte Turniere: 7
Platzierungen: 4, 4, 5, 12, 14 (Regionals) / 15, 116 (Prag, Arnhem)
Erreichte CP (2011/12): 21/40 (BFL: 4)
in %: 52,5
in % vom Limit (40): 52,5
Erreichte CP (2012/13): 220/480 (BFL: 4)
in %: 45,8
in % vom Limit (400): 55
Die Punkteverteilung vom letzten Jahr findet ihr hier: Regional Championships 2011/12 bei Amigo-Spiele
Für die Regionals gibt es zwei unterschiedliche Punktetabellen, da in den USA zwischen State Championships und Regional Championships unterschieden wird. Für Europa halte ich die Bewertung nach Regional Championships für realistischer, weshalb ich meine Berechnungen darauf aufbaue. Die Tabelle nach State Championships vergibt jeweils weniger Punkte.
Was die Regionals betrifft, fällt eine Bewertung bezüglich einer Auf- oder Abwertung schwer. Wenn man nur die Punktzahlen betrachtet, fallen kleine Verschiebungen auf. Gleiches gilt für die Prozentzahlen. Das Best Finish Limit ist gleich geblieben. Und auch wenn es in meinem Fall nur wenig Einfluss hatte: es gibt durchaus interessante Veränderungen.
Um meine 21 CP aus dem Vorjahr zu erreichen, brauchte ich vier Platzierungen: zweimal 4., einmal 5. und einmal 12. auf Regionals. Für die 220 CP im neuen Jahr brauche ich nur drei: zweimal 4. auf Regionals und einmal 15. beim European Cup in Prag. Das liegt daran, dass der Kicker für untere Platzierungen angehoben wurde. Mein 5. Platz und mein 12. Platz bringen mir aufgrund zu niedriger Spielerzahlen keine Punkte mehr. Dafür bekomme ich für meinen 15. Platz in Prag noch Punkte, die nach dem alten System durch das Best Finish Limit gestrichen wurden.
Nun gibt es zwar insgesamt mehr Punkte für Top 4 Ergebnisse, allerdings sind diese auch nur schwer zu erreichen. Die Top 8 bekommen auf einigen Regionals in Deutschland keine Punkte, da dafür mindestens 32 Teilnehmer in der jeweiligen Altersklasse gebraucht werden (mein 5. Platz in Berlin fällt aus der Wertung, da es nur 18 Teilnehmer gab - besonders bitter, da ich punktgleich mit Platz 4 war). Punkte für Top 16 sind von vornherein äußerst unrealistisch.
National Championships
Und zu guter Letzt die Nationals. Ich habe im letzten Jahr für meinen 21. Platz 4 Punkte bekommen (4 von 40 sind 10%). Für die gleiche Platzierung bekäme ich dieses Jahr 40 Punkte (40 von 400 sind auch 10 %). Da man nur eine National spielen kann, diese ganz am Ende einer Saison liegt und die Top 4 ohnehin ausreichend Punkte für ein Invite erhalten, halte ich eine Bewertung der Nationals für wenig hilfreich.
Fazit: Ein harter Kampf für ein Invite
Wenn ich alle Veränderungen zusammennehme und alle Bewertungen betrachte, dann komme ich zu dem Schluss, dass es etwas schwerer geworden ist, ein Invite für die Weltmeisterschaft 2013 zu erreichen. Vor allem die Tatsache, dass auf den Regionals vor allem Top 4 Ergebnisse benötigt werden, lässt den Kampf um die Invites schwerer erscheinen. Wer ein Invite auf diesem Weg erreichen möchte, muss eigentlich jede mögliche Regional mitspielen und sollte bei diesen auch immer recht erfolgreich sein. Auch die Nationals könnten interessanter werden, da es hier darum geht, die letzten fehlenden Punkte zu holen. Mein Endergebnis sieht übrigens folgendermaßen aus:
Erreichte CP (Saison 2011/12): 55 (137,5 % vom Limit)
Erreichte CP (Saison 2012/13): 465 (116,25 % vom Limit)
Wenn es noch weitere Veränderungen geben sollte, dann müssten diese vor allem bezwecken, dass regionale Unterschiede in Bezug auf Turnierdichte und Spielerzahlen weniger Einfluss auf das Rating haben. In dieser Hinsicht hat sich durch die Neuerungen leider nur wenig geändert. Allein bei den Regionals macht sich hier überhaupt etwas bemerkbar.